Fall des Monats
Erfolgreiche Epilepsiechirurgie | 7-2013
>> zurück zur StartseiteEine 49-jährige Patientin leidet seit der Pubertät an einer fokalen Epilepsie mit acht bis neun automotorischen (= komplex-fokalen) Anfällen pro Monat. Im cMRT zeigt sich eine Atrophie mesio-temporaler und temporo-lateraler Strukturen rechts. Bei der Patientin besteht eine leichte Entwicklungsverzögerung, sie wohnt noch bei den Eltern. Obwohl schon seit vielen Jahren eine Pharmakoresistenz gegenüber einer Reihe von Antiepileptika besteht, konnten sich die Patientin und ihr familiäres Umfeld lange Zeit nicht für eine prächirurgische Evaluation entscheiden.
Im Herbst 2012 erfolgte dann nach vielen Gesprächen doch ein erstes Video-EEG-Monitoring. Hier konnten fünf der bekannten Anfälle aufgezeichnet werden. Überraschenderweise manifestierte sich das EEG-Anfallsmuster zunächst links temporal und dann mit einer Verzögerung von ca. 10 sec. auch rechts temporal. Es bestand also keine Kongruenz zwischen MRT-Pathologie und dem initialen iktalen EEG-Befund. Wir stellten die Hypothese auf, dass es sich hier um eine falsche EEG-Lateralisation handelt. Der Anfall beginnt zwar rechts temporo-mesial, die epileptische Aktivität breitet sich dann aber zunächst rasch auf die linke Seite unter Einbeziehung temporo-lateraler Strukturen aus. Mit zeitlicher Verzögerung ist das Anfallsmuster dann auch auf der Seite des Anfallsbeginns (rechts) in temporo-lateralen Strukturen sichtbar.
Zur Bestätigung dieser Hypothese wurden daher in einem nächsten Schritt mit sog. semiinvasiven Elektroden bilateral aus dem Foramen ovale, das in direkter Nachbarschaft zu temporo-mesialen Strukturen liegt, Anfälle aufgezeichnet. Hier konnten wir dann beweisen, dass die Anfälle – wie angenommen – tatsächlich rechts beginnen und sich zunächst nach links ausbreiten und in einem zweiten Schritt erst weitere Teile des rechten Temporallappens erfassen. Somit konnte nun eine Übereinstimmung von bildgebendem Befund und iktalem EEG aufgezeigt werden. Wir empfahlen der Patientin und ihrer Familie eine operative Entfernung von Teilen des rechten Temporallappens, dem stimmten sie zu.
Seit der Operation Anfang 2013 ist die Patientin frei von epileptischen Anfällen. Im Nachhinein – so die Patientin – hätte sie der prächirurgischen Diagnostik und einer eventuellen Operation schon viel früher zustimmen sollen.