Fall des Monats
Lasertherapie bei Epilepsie | 6-2017
>> zurück zur StartseiteEin 38-jähriger Patient leidet seit mehr als 20 Jahren an einer Epilepsie mit monatlich 4-5 Anfällen mit Bewusstseinsstörung (komplex-fokale Anfälle) für 30-40 sec. Dauer und früheren Anfällen mit Bewusstseinsverlust (tonisch-klonisch generalisierte Anfälle). Ursächlich findet sich im cMRT eine Hippocampussklerose rechts. Der Patient war in der Vergangenheit schon mit sechs verschiedenen Antiepileptika behandelt, aktuell nimmt er 500 mg Lamotrigin und 200 mg Brivaracetam. Zusammengefasst besteht bei dem Patienten eine pharmakoresistente fokale Epilepsie. Im Video-EEG konnten innerhalb von 7 Tagen drei typische komplex-fokale Anfälle aufgezeichnet werden, es zeigte sich jeweils stereotyp ein Anfallsmuster mit Beginn rechts temporo-anterior. Dieser iktale EEG-Befund passt gut zu einem Anfallsfokus in rechts temporo-mesialen Strukturen.
In dieser Konstellation empfahlen wir dem Patienten eine Temporallappen-Teilresektion rechts, die Chance auf bleibende Anfallsfreiheit beträgt 60-70%. Doch der Patient hat die Operation abgelehnt, weil er zu große Angst vor einer Hirn-Operation hat. Er fand seine Anfälle weniger belastend als den von uns empfohlenen epilepsiechirurgischen Eingriff. In den letzten 5 Jahren haben in unserem Epilepsie-Zentrum etwa 20% der Patienten einen epilepsiechirurgischen Eingriff abgelehnt, nachdem alle Untersuchungen abgeschlossen waren und die ärztliche Empfehlung zur Operation ausgesprochen war. Ähnliche Ablehnquoten wurden in Untersuchungen an den Epilepsie-Zentren Bielefeld-Bethel, Bonn und London festgestellt.
Seit einigen Jahren gibt es in den USA ein Therapieverfahren für Patienten mit pharmakoresistener fokaler Epilepsie, bei dem mit Hilfe einer Lasersonde die Hirnregion, in der die epileptischen Anfälle entstehen, abgetragen wird. Das Prinzip ist das gleiche wie bei der bisherigen „offenen“ Operation – Ausschaltung des Anfallsfokus. Der Vorteil bei dieser Methode ist, dass der Schädel während der Operation nicht geöffnet werden muss, sondern dass über ein kleines Bohrloch eine feine Elektrode ins Gehirn geschoben wird. Erste Untersuchungen haben gezeigt, dass etwa 40-50% der Patienten mit einer Temporallappenepilepsie mit diesem minimal-invasiven Verfahren anfallsfrei werden.
In den kommenden Wochen wird die Lasertherapie bei Epilepsie auch in Deutschland zugelassen. In einem Kooperationsprojekt mit der Klinik für Neurologie der Universität Magdeburg werden wir als eine der ersten Einrichtungen in Deutschland dieses Verfahren etablieren. Wir werden dieses Verfahren insbesondere denjenigen Patienten anbieten, die aus Angst eine „offene“ Hirn-Operation ablehnen. Somit hoffen wir, dass auch der oben beschriebene Patient dem Einsatz dieses Therapieverfahrens zustimmt.